Freiwillige Feuerwehrfrauen vor
Personalengpass: Frauen sollen Kohlen aus dem Feuer holen
Wenn der Piepser Daniela Wernicke-Wasser frühmorgens weckt, ist das nicht ungewöhnlich. Als Freiwillige Feuerwehrfrau ist sie fast immer einsatzbereit – auch am Tag des Ehrenamts (05.12.05). Es gibt 2.600 Feuerwehrfrauen in NRW.
Klingt viel, ist aber nicht genug.
Der zierlichen Frau ist die Feuerwehruniform viel zu groß. Auch bei der Einsatzjacke muss Daniela Wernicke-Wasser den Gürtel eng um die schmale Taille ziehen. Das aber macht sie so resolut und fix, dass einem schon beim Zuschauen die Luft wegbleibt. Dasselbe Tempo legt sie beim Herausholen der Einsatzgeräte aus dem Feuerwehrwagen vor. Jeder Handgriff sitzt. „Das muss auch so sein, schließlich zählt bei Einsätzen jede Sekunde“, sagt die 32-Jährige aus Königswinter. Mit 19 Jahren entflammte ihre Leidenschaft für die Freiwillige Feuerwehr. Die Krankenschwester investiert seitdem sehr viel Zeit in das Ehrenamt entweder bei Einsätzen oder als Ausbilderin bei der Jugendfeuerwehr. „Das ist schon wie ein zweiter Job.“
Neue Brandschützer braucht das Land
Theoretisch sind Freiwillige Feuerwehrleute für Einsätze vom Beruf freigestellt laut Gesetz. Praktisch hat nicht jeder Arbeitgeber dafür Verständnis und fragt bisweilen mit einem genervten Unterton, was denn nun wichtiger sei – der Job oder die Feuerwehr. Und Selbständige wie Anja Sains können auch nicht jeden Einsatz mitmachen, „so sehr es mir auch in den Fingern kribbelt“. In Königswinter kann im Schnitt von drei angepiepsten Aktiven nur einer zum Notfall kommen.
Genau das ist das Problem. Zwar zählt die Freiwillige Feuerwehr in NRW mit 81.500 Mitgliedern gut zehn Mal so viele Aktive wie die Berufsfeuerwehr (7.860). Dennoch braucht sie weiterhin mehr Kräfte, um trotz beruflicher Ausfälle in den eigenen Reihen auch in ländlichen Gebieten ausreichenden Brand- und Notfallschutz gewährleisten zu können. Neue Leute sollen begeistert werden – und da hat die Feuerwehr vor allem die Frauen ins Visier genommen. Für 2006 ist die bundesweite Aktion „Frauen in die Feuerwehr“ geplant.
Frauen wollen „ganz normale Feuerwehrmänner sein“
Die schon dabei sind möchten weder als seltener Exot noch als „Super-Woman“ gebrandmarkt werden. „Wir wollen als Frauen einfach ganz normale Feuerwehrmänner sein“, bringt es eine Befragte in einer Studie zu Frauen in der Feuerwehr auf den Punkt, die das Familienministerium 2005 in Auftrag gegeben hat. In zahlreichen Gruppen ist dieser Wunsch bereits Wirklichkeit. Paradebeispiel Königswinter: In dem 42.000-Einwohner-Ort bei Bonn, sorgt ausschließlich die freiwillige Feuerwehr für den Brandschutz – und zehn Prozent der 310 Aktiven sind weiblich. In ganz NRW liegt der Anteil bei knapp drei Prozent. Allerdings mit leicht steigender Tendenz.
Strahlende Kinderaugen als Lohn
Wissen über chemische Zusammenhänge macht eine Frau in der Feuerwehr zur Expertin für Chemieschutz. Wegen ihrer einfühlsamen Art ist sie die geeignetste Person am Unfallort, um geschockte Opfer zu beruhigen. „Frauen werden in der Tat gebraucht, ihr Einsatzspektrum ist groß“, bestätigt Löschzugführer Martin Ehrenberg. Sofort stellt er aber auch klar, dass sie genauso zupacken müssen wie ihre männlichen Kollegen.
Anderen Menschen helfen zu können, das macht für die 18-jährige Tina Eggert, gerade von der Jugendfeuerwehr zu den Erwachsenen aufgestiegen, den Reiz dieses Ehrenamtes aus. „Man muss nur einmal die traurigen Augen eines Kindes gesehen haben, dessen Spielzeug gerade von Hochwasserfluten weggeschwemmt wird“, sagt Ehrenberg beispielhaft, „und dann sehen, wie sie anfangen zu strahlen, weil man ihnen einen Teil retten konnte.“ Die Dankbarkeit der Menschen ist der Lohn für den großen physischen und psychischen Einsatz. „Allerdings“, räumt Daniela Wernicke-Wasser ein, „muss man schon ganz schön viel Idealismus mitbringen“.
Frau, das nicht ganz so seltene Wesen
Und hartnäckig muss frau auch sein, wenn sie als erste die Männerdomäne betritt. Als Anja Sains vor neun Jahren in die Wache in Ölberg (Königswinter) eintrat, haben die Kollegen große Augen gemacht. So ganz geheuer war ihnen damals nicht, was heute so selbstverständlich ist. „Am Anfang ist Durchhaltevermögen wichtig“, weiß Sains, „und dann gehört man irgendwann dazu“. Neugierig gewordenen Frauen empfiehlt sie, in der Wache des Heimatortes vorbeizuschauen. „Im Gespräch lassen sich Berührungsängste leichter klären.“ Ein ganz so ein seltenes Wesen sind Frauen in diesem Bereich ohnehin nicht. Als erste freiwillige Feuerwehrfrau in Deutschland war Dorothea Schneider aus Hamm im Einsatz – vor genau 30 Jahren.