27. Juli 2006 | Zeitungsbericht Längst nicht jeder Rheinschwimmer ist in Not

Mit der Zahl der im Rhein Badenden steigt auch die Häufigkeit der Alarmierungen – Der Aufwand ist meistens enorm: Boote aus Bonn, Taucher aus Neunkirchen und Hubschrauber aus Köln

Von Rüdiger Franz

Königswinter. Dienstag, kurz vor 17 Uhr. An der Königswinterer Rheinpromenade herrscht große Aufregung. Boote der Feuerwehr kreuzen im Rhein, Schaulustige versammeln sich am Ufer, und über dem ganzen Szenario dreht der Rettungshubschrauber aus Bonn seine Runden. Wieder einmal, so scheint es, ist ein Schwimmer im Rhein in Not geraten, in den Straßencafés macht gar die Nachricht von einem Toten die Runde.

Dass die Einsatzkräfte wenig später wieder abrücken, lässt die Lage in einem anderen Licht erscheinen: Die Retter konnten niemanden entdecken, dem sie hätten zur Hilfe eilen können. Eine Situation, die für die Feuerwehren am Rhein längst keine Seltenheit mehr ist. Immer häufiger wagen sich Menschen auf der Suche nach einer Erfrischung in die kühlen Fluten.

„Das Bad im Rhein ist für viele Menschen zur Normalität geworden“, weiß Feuerwehrsprecher Lutz Schumacher. Dabei gewinnen er und seine Kameraden diese Erkenntnis eher aus leidvoller Erfahrung: Rund 25 Mal pro Sommersaison, rücke die Feuerwehr wegen vermeintlicher Badeunfälle an die Gestade des Rheins aus – Tendenz steigend, was besonders für diesen Sommer gilt.

In etwa 20 Fällen brechen die Helfer mangels eines Opfers den Einsatz ab. Der klassische Fall: Jemand schwimmt im Rhein und lässt sich möglicherweise ein wenig abtreiben, ein Spaziergänger am Ufer beobachtet dies und wählt per Mobiltelefon die Nummern des Notrufs. Sind Feuerwehr und Polizei dann am Einsatzort, ist der Schwimmer den Fluten mitunter längst wieder entstiegen und sonnt sich auf einer der Kribben. „Das aber wissen wir ja nicht“, sagt Schumacher. Und so beginnt eine Suche, die in vielen Fällen ergebnislos endet.

So auch am Dienstag. In Königswinter sind es generell die Löschgruppen Niederdollendorf und Altstadt, die bei Einsätzen am Rhein in Marsch gesetzt werden. Hinzu kommen in der Regel das Löschboot und ein Rettungsboot der Bonner Berufsfeuerwehr, die der Strömung entgegen fahren, um den in Not geratenen Schwimmer gegebenenfalls aufzufischen.

Doch damit nicht genug: Weil sich der Rhein aus der Luft viel besser beobachten lässt, unterstützt ein Hubschrauber die Kräfte zu Wasser. Der kommt dann entweder von der Bonner Polizei oder von der Bundespolizei in Hangelar, nicht selten aber auch mit „Christoph III“ aus Köln.

Der Helikopter hat mitunter auch Taucher der Berufsfeuerwehr an Bord, die aus der Luft sofort in die Fluten gleiten können. Andernfalls wird eine Tauchergruppe des Deutschen Roten Kreuzes aus Neunkirchen-Seelscheid zur Unterstützung angefordert. An Land halten sich unterdessen Feuerwehrleute zur Unterstützung und Rettungsdienste bereit – so etwa am Dienstag auch die Wehr aus Bad Honnef und das dortige Technische Hilfswerk.

So erfreulich es ist, wenn sich die Alarmierung als überflüssig erweist – der Aufwand bleibt enorm. „Dass uns die Menschen im Zweifelsfall benachrichtigen, ist gut, denn schließlich geht es mutmaßlich darum, Leben zu retten“, sagt Schumacher, der aufmerksame Passanten ausdrücklich nicht bremsen will. Allerdings sollten die Anrufer möglichst bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte an Ort und Stelle bleiben.

Zudem sollten sie versuchen, die Person im Rhein zu beobachten um festzustellen, ob sie tatsächlich in einer Notlage ist oder aber wenig später selbstständig ans Ufer gelangt. „Für uns ist es sonst nicht ganz leicht einzuschätzen, in welcher Höhe sich die Person befindet. Wir müssen die Fließgeschwindigkeit des Rheins einberechnen, je nach Meldung kann es da zu Ungenauigkeiten kommen“, sagt Schumacher. Nicht zuletzt berge ein Einsatz auf dem Rhein gerade in der Dämmerung auch für die Feuerwehrleute Risiken, die nicht ohne Not in Kauf genommen werden müssten.

Für die Schwimmer schließlich bleibt es bei dem eindringlichen Rat, allzu waghalsige Manöver zu unterlassen. „Ich habe in diesem Jahr schon Leute in der Fahrrinne schwimmen sehen“, berichtet Schumacher. Wenn diese dann für Aufregung sorgen und von der Feuerwehr aus dem Rhein gezogen werden, müssten sie sich wirklich nicht wundern.

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